15. Deutscher IT-Sicherheitskongress

Digitale Gesellschaft zwischen Risikobereitschaft und Sicherheitsbedürfnis

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) richtet vom 16.–18. Mai 2017 in Bonn-Bad Godesberg den 15. Deutschen IT-Sicherheitskongress aus, der sich in einem dreitägigen Kongressprogramm und einer begleitenden Ausstellung mit aktuellen Fragestellungen der IT- und Informationssicherheit befasst. In diesem Jahr geht es dabei nicht zuletzt um die Frage, welche Rolle Informationssicherheit in einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft einnehmen kann und muss.

Von Arne Schönbohm, Bonn

BSI-Präsident Arne Schönbohm: „Ohne Cyber-Sicherheit wird es keine erfolgreiche Digitalisierung geben.“ (Foto: BSI)

Die Digitalisierung hat alle Bereiche unseres Lebens erreicht und ist längst eine unabdingbare Voraussetzung für technischen Fortschritt. Sie erschließt erhebliche gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Vorteile – in Deutschland ebenso wie in Europa und weltweit. Gleichzeitig ergeben sich mit der Digitalisierung neue Herausforderungen: Denn sie bedeutet auch, dass wir immer mehr sensible Prozesse vernetzten IT-Systemen überantworten – bis hin zu autonomen Fahrzeugen und lebenswichtigen Einrichtungen der Daseinsvorsorge.

Besondere Herausforderungen entstehen dadurch in den Bereichen Prävention, Detektion und Abwehr digitaler Angriffe. Denn Digitalisierung, Vernetzung und zunehmende Komplexität der IT bieten Cyber-Angreifern weitreichende Möglichkeiten, Informationen auszuspähen, Geschäfts- und Verwaltungsprozesse zu sabotieren oder sich auf Kosten Dritter kriminell zu bereichern. Im Fokus der Angriffe stehen dabei Unternehmen und kritische Infrastrukturen ebenso wie Verwaltung, Forschungseinrichtungen und Bürger.

Zentrale Herausforderung

Cyber-Angreifer rüsten kontinuierlich auf und entwickeln ihre Angriffsmethoden und -mittel rasant weiter. Ein Teil der Attacken lässt einen steigenden Professionalisierungsgrad erkennen, bis hin zu Angriffen, die vermutlich durch staatlich gelenkte Gruppen durchgeführt werden.

Einschlägige Beispiele illustrieren die politische Dimension und Wirkrichtung von Cyber-Angriffen: Neben dem Angriff auf die ITSysteme des Deutschen Bundestages 2015 hat das BSI auch Cyber-Angriffe auf Parteien, Medien und staatliche Einrichtungen beobachtet. Das Amt beobachtet die Lage diesbezüglich intensiv und wird sich für den Zeitraum der Bundestagswahl 2017 in besonderer Weise aufstellen, um möglichen Cyber-Angriffen begegnen zu können.

2016 wurden die IT-Systeme von Unternehmen, Kommunen und kritischen Infrastrukturen wie Krankenhäusern verstärkt und erfolgreich mit Ransomware angegriffen. Die Täter waren in der Lage, Dateien zu verschlüsseln und haben versucht, die Betroffenen zu erpressen. Laut einer Umfrage des BSI zur Betroffenheit der deutschen Wirtschaft durch Ransomware war fast jedes dritte befragte Unternehmen (32 %) bereits einmal von Ransomware betroffen.

Diese Beispiele zeigen, wie sich Cyber-Sicherheit zu einer zentralen Herausforderung unserer Zeit entwickelt hat. Ohne Cyber- Sicherheit wird es keine erfolgreiche

Digitalisierung geben: Die großen Digitalisierungsprojekte in Deutschland sind nur dann ein Gewinn für alle, wenn ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet ist. Deshalb muss die Widerstandsfähigkeit Deutschlands gegen Cyber-Gefahren erhöht werden.

Kongress-Programm

Das vollständige Programm des 15. Deutschen IT-Sicherheitskongresses ist über www.bsi.bund.de/IT-Sicherheitskongress abrufbar. Er findet vom 16.–18. Mai 2017 in Bonn-Bad Godesberg statt. Das Programm umfasst Keynotes, Podiumsdiskussionen und Vorträge zu den Schwerpunktthemen

  • Cyber-Sicherheit als Erfolgsfaktor in der Digitalisierung
  • Zertifizierung und Standards
  • Cyber-Security in the Quantum Age
  • Sicheres Cloud-Computing
  • Industrielle Sicherheit / Sicherheit im Internet der Dinge (IoT)
  • IT-Sicherheit in der Gesellschaft
  • Sichere Identitäten
  • Management von Informationssicherheit
  • IT-Sicherheit und Recht
  • Benutzbare sichere IT-Systeme und Sicherheitsmonitoring in kryptografisch geschützten Systemen
  • Sicherheit von Plattformen, Firmware und Betriebssystemen

Gemeinsames Gestalten

Diese Aufgabe kann kein Akteur allein übernehmen – sie ist nur über einen gemeinschaftlichen Ansatz von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft zu realisieren. Das BSI als die nationale Cyber-Sicherheitsbehörde wird bei dieser gemeinschaftlichen Aufgabe eine tragende Rolle einnehmen. Es stellt sich damit der Aufgabe, die Informationssicherheit in der Digitalisierung durch Prävention, Detektion und Reaktion für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft zu gestalten.

Mit der im November 2016 beschlossenen Cyber-Sicherheitsstrategie [1] hat die Bundesregierung wesentliche Weichenstellungen für eine in die Zukunft gerichtete Cyber- Sicherheitspolitik getroffen. Diese Strategie bildet den ressortübergreifenden strategischen Rahmen für die Aktivitäten der Bundesregierung mit Bezügen zur Cyber-Sicherheit. Sie umfasst mehr als 30 strategische

Ziele und Maßnahmen, mit denen die Sicherheit im Cyber-Raum weiter erhöht werden soll. Auch die Rolle des BSI als nationale Cyber-Sicherheitsbehörde wurde weiter gestärkt: Allein für 2017 hat das BSI 180 neue Stellen zugeteilt bekommen und wächst damit um rund 30 Prozent.

Das BSI unterstützt Behörden und Unternehmen gleichermaßen dabei, die Herausforderungen bei der Cyber-Sicherheit aktiv anzunehmen und zu bewältigen – mit Wissen, Kompetenz und viel Erfahrung aus mehr als 25 Jahren. Wichtiger Baustein der behördenübergreifenden Zusammenarbeit bei der Analyse von IT-Sicherheitsvorfällen und Abwehr von Cyber- Angriffen ist das Nationale Cyber- Abwehrzentrum (Cyber-AZ). Es ist seit seiner Gründung 2011 beim BSI angesiedelt, das auch die Federführung übertragen bekommen hat. In den vergangenen Jahren hat sich das Cyber-Abwehrzentrum von einer reinen Informationsdrehscheibe zu einer Kooperationsplattform weiterentwickelt, in der auch die operativen Tätigkeiten der beteiligten Behörden koordiniert werden.

Wirtschaft und Infrastruktur schützen

Der Schutz Deutschlands kritischer Infrastrukturen muss weiter konsequent verbessert werden. Die deutsche und europäische IT-Sicherheitsgesetzgebung muss fortgeschrieben und der aktuellen Gefährdungslage angepasst werden. Mit dem IT-Sicherheitsgesetz von 2015 und der Cyber-Sicherheitsstrategie der Bundesregierung von 2016 sind wichtige Schritte erfolgt und der strategische Rahmen ist gesetzt.

Im Rahmen des Umsetzungsplans UP KRITIS kooperiert das BSI mit den Betreibern kritischer Infrastrukturen. Zentrales Ziel des UP KRITIS mit seinen rund 400 Mitgliedern ist es, die Versorgung mit lebensnotwendigen Dienstleistungen möglichst uneingeschränkt aufrechtzuerhalten. Um Bundesbehörden und kritische Infrastrukturen auch vor Ort bei der Bewältigung und Analyse von IT-Sicherheitsvorfällen unterstützen zu können, baut das BSI derzeit „Mobile Incident Response Teams“ (MIRT) auf.

Auch bilateral sowie im Rahmen der Allianz für Cyber-Sicherheit, der mehr als 2000 Institutionen angehören, treibt das BSI die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft voran (www.allianz-fuer-cybersicherheit. de). Ziel der Allianz ist es, die Widerstandsfähigkeit des Standortes Deutschland – und besonders die der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) – gegenüber Cyber-Angriffen zu stärken.

In den großen Digitalisierungsprojekten in Deutschland bringt sich das BSI verstärkt ein und stellt Unterstützungsleistungen zur Entwicklung und Umsetzung des notwendigen Sicherheitsniveaus bereit. So leistet das Amt etwa seinen Beitrag zum Gelingen der Energiewende durch die Erarbeitung von Sicherheitskriterien für die Infrastruktur der intelligenten Stromzähler und unterstützt bei der Erarbeitung der Sicherheitsaspekte einer digitalisierten Verkehrsinfrastruktur, in der autonomes Fahren möglich wird. Darüber hinaus hat das BSI die wesentlichen Sicherheitsanker der elektronischen Gesundheitskarte und der dazu notwendigen Systeme mitgestaltet und zertifiziert.

Dr. Thomas de Maizière (2015): „Das Digitale ist ein Trendsetter mit großer Verführungskraft." (Foto: <kes>/luck)

Spannungsfeld zur Innovation

Sicherheit ist zwar ein gesellschaftliches Grundbedürfnis. Bei IT-Produkten und -Diensten werden jedoch Aspekte der IT-Sicherheit angesichts der rasanten Innovationsgeschwindigkeit und des daraus folgenden ökonomischen Erfolgsdrucks häufig weder von Nutzern noch von Anbietern gleichrangig mitbetrachtet. Die besondere Herausforderung liegt darin, Sicherheitsziele mit Nutzeransprüchen in Einklang zu bringen und Produkte zu entwickeln, die den Bedürfnissen der Anwender entsprechen.

Ein Lösungsansatz ist es, bei aktuellen Entwicklungen in Bereichen wie Automotive, Industrie 4.0 oder mobilen Anwendungen bereits jetzt Standards zu formulieren, die etablierte Vorgehensweisen und Erkenntnisse in die Produktentwicklung mit einfließen lassen. Nicht zuletzt muss der Schutz der Bürgerinnen und Bürger bei der Nutzung digitaler Kommunikation und Dienste eine besondere Rolle einnehmen.

Es gilt für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft, einen Mittelweg zwischen zu viel Sicherheit und zu hoher Risikobereitschaft zu finden. Eine auf diese Weise zukunftsgerichtete Cyber-Sicherheitspolitik ermöglicht es, Chancen und Potenzial der Digitalisierung im gesamtgesellschaftlichen Interesse auszuschöpfen, indem die damit verbundenen Risiken beherrschbar bleiben.

Vernetzung vor Ort

Cyber-Sicherheit in der Digitalisierung und Vernetzung ist daher ein Leitthema des 15. Deutschen IT-Sicherheitskongresses unter dem Motto „Digitale Gesellschaft zwischen Risikobereitschaft und Sicherheitsbedürfnis“.

Mit über 600 Fachbesuchern (im Jahre 2015) ist der Deutsche IT-Sicherheitskongress, den das BSI alle zwei Jahre ausrichtet, eine feste Größe im Veranstaltungskalender der IT-Sicherheitsbranche. Die Vernetzung verschiedener Akteure aus Staat, Wirtschaft und Gesellschaft findet hier direkt vor Ort statt. Drei Tage lang diskutieren die Teilnehmer über den Stand der nationalen und internationalen Entwicklung zur IT-Sicherheit.

Ziel des Kongresses ist es, das Thema IT-Sicherheit aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten, Lösungsansätze vorzustellen und weiterzuentwickeln. Eine begleitende Ausstellung ergänzt das Vortragsprogramm (siehe Kasten).

Arne Schönbohm ist Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).

Literatur

[1] Bundesministerium des Innern (BMI), Cyber-Sicherheitsstrategie für Deutschland 2016, www.bmi.bund.de/cybersicherheitsstrategie

[2] Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), 15.Deutscher IT-Sicherheitskongress, Programm, www.bsi.bund.de/ITSicherheitskongress