"Keine Lust auf Enterprise 2.0" konstatiert eine repräsentative Umfrage durch TNS Emnid im Auftrag von Computacenter. Für die Studie "Modernes Arbeiten – Wunsch & Wirklichkeit in deutschen Büros" wurden im Oktober und November 2010 rund eintausend Telefoninterviews mit Angestellten aus Verwaltung, Marketing und Vertrieb sowie der Personal-, IT- und Entwicklungsabteilungen in Unternehmen mit mindestens 1000 Mitarbeitern geführt. Hauptergebnis: Moderne Zusammenarbeit mittels neuer Kommunikationstechnologie und Social Media werde von vielen Beschäftigten noch skeptisch betrachtet – vor allem, wenn sie noch keine Erfahrung mit diesen Methoden gesammelt haben. Schon erstaunlicher ist die Feststellung, dass es dabei keinen digitalen Graben zwischen den Generationen geben soll: "Selbst die nach 1980 Geborenen, die so genannten Digital Natives, wünschen sich beispielsweise nicht mehr Social Media im Unternehmen", fasst Computacenter zusammen.
Die Antworten auf die Frage nach dem beruflichen Einsatz verfügbarer Kommunikationsmöglichkeiten ergeben der Erhebung zufolge ein eindeutiges Bild: "Klassiker" wie E-Mail (99 %) und Festnetztelefon (97 %) werden nach wie vor am häufigsten zur Kommunikation mit Kunden, Kollegen und Geschäftspartnern genutzt. Nur 54 % der Befragten setzen oft mobile Geräte mit Internetempfang wie Laptops oder Smartphones ein, noch seltener verwenden Angestellte moderne Angebote wie "Wikis", Foren oder andere Plattformen für den Wissensaustausch (36 %) oder nutzen den Zugriff auf Unternehmensdaten von unterwegs (33 %). Chat, Audio-, Video- oder Webkonferenzen (15 %) erhielten noch niedrigere Nutzung bescheinigt. Und sogar nur 10 % nutzen soziale Netzwerke wie Xing, Facebook oder LinkedIn beruflich "sehr oft" oder "oft".
Die Skepsis sei jedoch kein Indiz für eine generelle Ablehnung neuer Kommunikationskanäle: 89 % der Befragten halten es demnach für wichtig, mit modernen Kommunikationsmitteln im Berufsalltag umgehen zu können. 83 % akzeptieren Innovationen und sind bereit, diese von Beginn an einzusetzen. Dabei seien eben nicht nur junge Mitarbeiter, sondern auch 79 % der über Fünfzigjährigen bereit, Neuerungen sofort anzunehmen. "Es beruhigt mich, dass Deutschland trotz des demografischen Wandels im internationalen Wettbewerb offensichtlich gut aufgestellt ist. Die Ergebnisse belegen nämlich, dass das Alter keine entscheidende Rolle bei der Nutzung moderner Arbeitsmethoden spielt. Erfahrungen zeigen, dass ältere Arbeitnehmer genauso leistungsfähig und engagiert sind wie ihre jüngeren Kollegen. Nun muss aufgrund der Untersuchungsergebnisse auch die Technologieaffinität der 'Generation 50plus' neu betrachtet werden. Das ist ein deutliches Signal an den Arbeitsmarkt, auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der Zuwanderungsdiskussion", kommentierte Oliver Tuszik, CEO und Vorstandsvorsitzender von Computacenter in Deutschland.
Offenbar seien die Vorteile neuer Technologie jedoch noch nicht ausreichend bekannt: Denn auch wo Mitarbeiter aufgeschlossen sind, blieben sie dennoch skeptisch gegenüber Kommunikationsangeboten, wenn sie diese noch nicht nutzen – das gilt der Umfrage zufolge wiederum für alle Generationen, auch für unter Dreißigjährige. Beispielsweise lehnen rund 60 % der Befragten, die mobile Geräte wie Laptop, BlackBerry oder Smartphone bisher noch nicht beruflich nutzen, deren Einsatz ab und sehen darin keine Arbeitserleichterung. Noch deutlicher werde das Bild bei der Frage nach dem Zugriff auf Unternehmensdaten von zu Hause oder unterwegs: Nur 29 % derjenigen, die auf diese Möglichkeit bisher noch nicht zurückgreifen, können sich vorstellen, dass dies ihre Arbeit erleichtert.
Anna Hoberg aus dem Bereich Business-Performance-Management vom Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation sieht mehrere Faktoren als entscheidend an, damit Unternehmen das volle Potenzial moderner Kommunikationstechnologie nutzen können: "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wünschen sich bei beruflichen Anwendungen vergleichbare Funktionalität wie bei den privat genutzten Web-2.0-Plattformen." Den beruflichen Mehrwert neuer Verfahren müssen man ihnen jedoch erst einmal näherbringen. Es sei daher sinnvoll, Mitarbeiter einen Schritt früher einzubinden, als es häufig zu beobachten ist, und sie "bei ihren konkreten Kommunikationsbedürfnissen abzuholen". Diese Bedürfnisse seien jedoch "nicht nur aufgrund der Branche und der Unternehmenskultur unterschiedlich, sondern sogar innerhalb der Organisationen aufgrund der Aufgabenfelder", erläutert Hoberg. Neben Schulungen und einer klaren Kommunikation der Vorteile sei es vor allem wichtig, dass die Führungskräfte – bis hin zur Geschäftsleitung – die Technologienutzung "vorleben".